Stell dir einen analogen Fernseher um 4:00 Uhr morgens vor, eingestellt auf einen Kanal, der sich gerade abschaltet. Die Übertragung schlägt um, auf das statische, weiße Rauschen. Es zu beobachten mag für einen Augenblick wunderschön sein, aber noch einen Moment länger wäre Wahnsinn. „Wenn man über Nächte und das Rauschen des Fernsehers nachdenkt, kommt mir nie jemand in den Sinn, der Gesellschaft hat“, sinniert James Allan, Songwriter, Gitarrist, Sänger und Frontmann, „denn wenn man jemanden bei sich hätte, würde der Fernseher nicht rauschen, jemand würde umstellen. Also ist da etwas, das nicht ganz richtig ist. Etwas, das nicht parallel ist, das aus der Balance geraten ist. Das ist das Grundgefühl des Albums. Gedanken und Erkenntnisse, die ich in den letzten anderthalb Jahren hatte, die sich um das Gefühl drehen, dass da vielleicht irgendetwas ziemlich hilflos ist. Isoliert. Etwas Zerbrochenes. Das Rauschen ist ein Bild, das ich mir vorstelle, und alle Songs sind auf die eine oder andere Art diese Situation.“
Glasvegas, die emotionalste Band Großbritanniens, sind zurück. Ihr drittes Album „Later…When The TV Turns To Static“, öffnet das nächste Kapitel ihrer Geschichte um aufrichtige Melancholie und himmelweite Traurigkeit, die die Seele in Höhen einsamer Euphorie trägt. Zwei Jahre nach ihrem Top-10-Album „Euphoric///Heartbreak\\\“ wollte Allan „wieder auf der Erde ankommen“. Denn auch die Jahre zuvor waren berauschend: 2008 waren sie als Pioniere eines hymnischen ‚Reality-Rock’ auf den Plan getreten, indem sie Phil Spectors monumentale Klanglandschaften mit den Echos von The Ramones und The Jesus and Mary Chain zu ihrem einzigartigen Glasvegas-Sound verwoben. Nachdem Bono „It’s My Own Cheating Heart That Makes Me Cry“ als „einen der besten Songs, die ich je gehört habe“ bezeichnet hatte, wurde ihr Debüt zum Klassiker – von Flood produziert, von der Kritik gefeiert, mit Platin geehrt, #2 in UK.
„Later…When The TV Turns To Static“ ist eine gefühlsbetonte Reise durch kaputte Beziehungen und „die verrückte Energie“ der Welt, in einer Szenerie aus Infernos unendlicher Gitarren, militärischen Aufgeboten aufrechter Drums und einem überwältigend schwermütigen Klavier. Allans Gesang ist der Schlüssel zu seinen unzähligen Geheimnissen, ein verheerendes Brüllen aus zerschmetterter Seele, das beweist, dass er noch immer einer der eindrucksvollsten Sänger ist, die England zu bieten hat. Textlich bleibt Allans Talent verwegen und betörend, einige der neuen Songs sind autobiografisch, einige offensichtlich, einige kryptisch – heutzutage sogar noch weniger willens, Bedeutungen zu erklären. „Weil der Hörer vielleicht einen besseren Gedanken dazu hat und ich das kaputt machen würde. Aber in jedem Song, den ich je geschrieben habe, ist ein Teil, der ich ist; andere Teile sind es dagegen überhaupt nicht, und Teile davon waren ich.“
Der Titeltrack ist eine Lawine aus Gitarren, die auf eine Klippe zudonnert und am Ufer einer akustischen Träumerei zerschellt; das exquisite Klavier-Epos „Choices“ fährt uns mit einer Aufnahme von Allans Herzschlag um 5:00 Uhr morgens in die Glieder; das melancholische „Secret Truth“ ist ein berührender Widerhall von Joy Division zu ihren gespenstischsten Zeiten, bevor Allen sich selbst im lyrischen „Neon Bedroom“ als Mädchen im Teenageralter inszeniert.
„Later…When The TV Turns To Static“ ist eine Lehrstunde in absoluter kreativer Unabhängigkeit, aufgenommen und produziert in Glasgows Gorbals Studio mit einem Vintage-Mischpult, das einst Decca Records gehört hat, von einer Band, der man anhört, dass die intensive Zeit auf Tour James Allen, Rab Allan, Paul Donoghue und Jonna Lofgren noch mehr hat zusammenwachsen lassen. „Ich mag Menschen, ich mag Fremde und in mancher Hinsicht sind wir moralisch auf dem Boden geblieben, aber in anderen auch überhaupt nicht“, stellt Allan klar. „Wir wollen nicht früh ins Bett gehen. Wir wollen voran und voran und voran. Auf eine Art sind wir verdammte Wahnsinnige, die leben, als ob es immer der letzte Gig ist.”
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Quelle: Bmg Rights Management (rough trade) | ADD ON MUSIC