Prolog. Es ist auch das Zerstörerische, das zu einem Gutteil den Künstler ausmacht. Sich selbst immer wieder nieder zu reißen und neu zu schaffen, das Getane nicht verklärt stetig nachzuahmen, sondern das Risiko des Originellen herausfordern. Eine Sisyphosarbeit, ja, aber einfach auch »weil man überleben will. Es gibt keine Möglichkeit als Künstler lange zu überleben, wenn man dauernd der Gleiche ist und bleibt. Diese Änderungen können sehr subtil sein, aber sie sind notwendig«, sagt HOWARD CARPENDALE. Die Kunst als Mikrokosmos des Lebens.
Album. Kunst lässt sich in der Musik aus Alltäglichkeiten erspüren. Pop oder Schlager kann man als akustischen Schlüsselroman sehen. Wenn die klassische Musik erlebte Geschichte ist, dann sollte die Unterhaltungsmusik eine Chronik der laufenden Ereignisse sein. HOWARD CARPENDALE hat für sein neues Album einen Weg gefunden, die Arbeit zur gruppendynamischen Schöpfung werden zu lassen. An der Stralauer Allee in Berlin, einen Steinwurf von der Oberbaumbrücke entfernt und gar nicht weit von der Mauergalerie, steht ein Hotel mit einer großen, gläsernen Fassade, in der sich die Spree spiegelt. Die Plattencompany von HOWARD CARPENDALE hat da ein paar Zimmer angemietet und weil das Hotel sehr Musik affin ist und für besondere Gäste ein eigenes Studio im achten Stockwerk unterhält, wird dieses Hotel die Keimzelle des neuen Albums. In einer Art Camp arbeiteten da unterschiedliche Männer und Frauen, verschiedensten Alters, kosmopolitischer Herkunft Ausbildung zusammen. HOWARD CARPENDALE war der Primus inter pares. »Es war, wie so oft im Leben, man sieht Menschen, von denen man niemals denken würde, dass das passt – und es passte! Das war eine total gemischte Gruppe, 15 Leute, jeder auf seine Art ein selbstbewusster Charakter. Es waren herrliche Wochen. Alle haben wir uns vom ersten Moment an vollkommen involviert. Es war sehr ehrlich.« Ein Projekt, wie es CARPENDALE noch nie zuvor gemacht hatte: Das Konzept »Neues Album« mit Impressionen unterschiedlicher Künstler. »Wir trafen uns um elf, haben dann zwei Stunden lang geredet, dann haben sich Gruppen gebildet, die zu einem Team wurden. Und um vier oder fünf trafen wir uns und ließen uns die Arbeiten vorstellen.«
Da waren etablierte Musiker dabei, junge Songschreiber, die andere Aufträge zurückgestellt haben, um mitmachen zu können. Eine Songschmiede, ein Ideenfüllhorn, ein Künstlercamp. »Ich sollte immer als erstes sagen, wie ich etwas finde. Und ich hatte vorher eine Höllenangst davor zu sagen, das sei grottenschlecht. Aber gleich die erste Arbeit war fantastisch. Ein junger Grieche hatte den Song vorgestellt. Und ich habe gesagt: ›Hammer!‹. Und die Freundin des Jungen hat mir am nächsten Tag erzählt, sie lag im Bett, so im Halbschlaf, und hörte ihn nur murmeln: ›Hat er wirklich Hammer gesagt?‹. Was mich am meisten beeindruckte war der Respekt, den alle allen entgegen brachten.« Denkanstöße. »Am Anfang ist das Wort«, im Song wird das Wort zur musikalischen Geschichte. »Viel zu lang gewartet« ist das Logbuch jener Tage im Camp geworden. Intime Gedanken und Gefühle, die HOWARD den anderen für seine künstlerische Aufgaben zur Verfügung stellt. Und das ins seiner Gesamtheit das breite künstlerische Spektrum CARPENDALS verdeutlicht.
Seinem ganz prägnanten Musikstil folgend, hat Howard Carpendale mit der ersten Single-Auskoppelung des neuen Albums eine weitere Tür seiner Kunst geöffnet: Begleitet von eingängigen Beats erschafft er seine musikalische Welt, dominiert von zeitgemäßen Texten, die viel mehr sind als herkömmliche Geschichten von Leben, Liebe oder Verlust. CARPENDALE setzt sich in da mit dem Thema »Teilen« auseinander und stellt fest, dass der Verzicht ganz nahe mit dem Gewinn verbunden sein kann: »Mit einem anderen Menschen etwas teilen bedeutet auch füreinander da sein«, sagt der Künstler dazu. »Man teilt mit jemand, den man liebt, den Moment und manchmal sogar sein ganzes Leben.«
Da sind Songs wie das intime »Kann mir immer noch in die Augen seh’n« – die Bilanz eines Mannes: Das ist dein Leben. Das hast du daraus gemacht. Da stehst du! Dominiert von der unverwechselbaren Stimme HOWARD CARPENDALES und mit eingehendem Refrain, erzählt der Song von Augenblicken, die viele Männer erleben: Selbstreflektierend, dem Zeichen der Zeit offensiv entgegen blickend, aber dennoch sich selbst treu bleibend. »Ich brauche diesen Blick hin und wieder«, sagt HOWARD CARPENDALE, »um meinen eigenen Fokus zu finden.« Bist du noch du selbst? Bist du der, der du früher warst? Warst du dir immer treu? Wo hat dein Leben dich hingebracht? Ein ganz außergewöhnlicher, persönlicher Song, mit balladesken Attitüden und voller kompositorischer, temporeicher Dramatik in den Arrangements, ist er einer der Höhepunkte des neuen Albums.
Es wird der Song sein, mit dem der Künstler seine Konzerte jeweils eröffnen wird.
Seismographisch registriert HOWARD CARPENDALE in seiner Musik stets auch den Nerv der Zeit: Den Moment, den es zu schützen gilt, um das Vergängliche wenigstens für Augenblicke festzuhalten. Temporeich, eingebunden in hymnischen Sound, interpretiert der Künstler »In diesem Moment« sein Credo für das Leben im Jetzt »Mit den Jahren lernt man«, sagt HOWARD CARPENDALE, »dass es falsch wäre, nur an das Morgen zu denken und dem, was heute passiert, keine Beachtung zu schenken. Die Zeit fliegt – deshalb ist es umso wichtiger, im Leben seine Position zu finden und das Glück ‚in diesem Moment’.« Ein Song, dessen Dramatik sich hin zum Refrain entwickelt, bis einem die Melodie nicht mehr aus den Gedächtnis gehen will – und dessen Text unter die Haut geht.
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Quelle: Electrola | Universal Music