ALBUM | Richard Lenz „Gedankenfetzen“ | heute

Es sieht aus wie Ritterrüstungen, aber das Cover vom neuen LENZ-Album zeigt tausende Fische, unter myste-riösen Umständen verendet im Rodrigo-de-Freitas-See in Rio de Janeiro – dort, wo 2016 die olympischen Segelwettbewerbe stattfinden sollen. Na dann gute Unterhaltung!

„Jeder Fisch ein Gedanke.“, versucht Richard Lenz den Bogen zu seinem Albumtitel zu spannen.
„Ich glaube, man hat hunderttausende täglich, aber nur die wenigsten davon schaffen es bis ins Bewusstsein.“ Fetzen von Gedanken, aus denen Songs entstehen.

Zehn Songs auf einunddreißig Minuten sind beileibe kein schlechter Schnitt für jemanden, der sich den perfekten Popsong als Ideal auf die Fahne geschrieben hat: „Drei Minuten reichen völlig“, behauptet Richard, „die eigentliche Idee passt meist doch schon in ein paar Takte.“ Was würde Namensvetter Wagner wohl dazu sagen?

„So ähnlich wie Türen knallen“ beschreibt LENZ den Entstehungsprozess seiner Songs. „Es muss einfach was raus!“ Das beatleleske „Ich reg mich wieder nur auf“ scheint davon zu erzählen. Beim Album-Opener „Früher“ erinnert er sich humorvoll an Zeiten, wo man noch „viel dreister und breiter“ war. Es gibt tiefere Einblicke in „Gedankenunterwelten“, rat- bis hilflose Ansichten über das andere Geschlecht („Sind halt Frauen“), und sogar Gesellschafts- bzw. Selbstkritik über die Wegschau-Mentalität in „Auf beiden Ohren breit“. Die erste Single „Alles halb so wild“ besticht durch einen erdigen Swing-Groove und spontanen Mitflöt-Refrain, sie ist ein Mutmacher, voll von ausgelassenem Trotz.

Neue Töne gibt es auch, mit treibenden Bläsern („Alles halb so wild“, „Hey Hipster“), einem Cembalo, das mit einer Harfe in „Wehe mir“ um die Wette fleht und drei Posaunen, die zur Abwechs-lung mal in die Rolle eines Streichquartetts schlüpfen („Am Ende“). Das Markenzeichen von LENZ bleibt jedoch das immer wiederkehrende Piano, die rotzigen Gitarren und viel mehrstimmiger Gesang.

Bevor Richard zu seiner heutigen Musik fand, hat er viel erlebt, spielte als Bassist mit Peter Fox in einer Band und teilte sich mit „Wir sind Helden“ den Proberaum. Vorher tourte er mit einer Rock’n’Roll-Band durch die USA und genoss das Leben und Standing dort als Musiker, ganz im Gegensatz zu dem fast schon mitleidigen Ansehen hier in Deutschland. Trotzdem fand er nach Berlin zurück, schrieb seine Songs mittlerweile auf deutsch und brachte es mit dem LENZ-Debutalbum „Augen auf und durch“ bei einer Show am Brandenburger Tor auf sage und schreibe zweihunderttausend Zuschauer.

Man darf gute Unterhaltung wünschen, wenn LENZ die „Gedankenfetzen“ fliegen lässt.

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Quelle: napoleon-music | Promotion Werft