Was klingt wie eine Mischung aus Geheimagent („Meine Name ist Button. Jim Button!“) und Kumpel des Lokomotivführers der Augsburger Puppenkiste stellt dabei nur zum Teil einen Künstlernamen dar. Denn seit Ewigkeiten schon lässt sich Carolin bloß Jim nennen. Lapidare Begründung: Ein Jungsname passe einfach besser zu ihr. Aha? Nicht der einzige Punkt, an dem man bei dieser Künstlerin sofort hängenbleibt. Die wunderbare Welt von Jim Button wirkt anschlussfähiger als eine Kiste Lego. Am besten man macht sich mal Notizen und puzzelt daraus die Jim Button Leaks zusammen…
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Musik
Es ist noch gar nicht so lange her, ein paar Jahre erst, da beschloss Jim Button im Norwegenurlaub, eine Karriere als Songwriterin zu starten. Songwriterin für andere wohlgemerkt. Dafür brachte sich das verdammte Wunderkind via Internet einfach sechs Akkorde auf der Gitarre bei – und legte los. Doch im Mentoring-Programm für junge Musikschaffende von Rockcity wurde schnell klar, dass ihre Stücke viel zu viel Tiefenschärfe und Klasse hatten für fahrig gehandelte Gebrauchsmusik. Jim Button schrieb von nun an für sich selbst. Und wie!
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Mehr Musik
Dass sich die ehemalige Fotografin mit Musik schon seit frühester Kindheit auseinandersetzt, hört man sofort. So zugänglich ihre Stücke wirken, so viel Panorama besitzen sie gleichsam aber auch. Die entrückten Tüftler von The xx nennt sie genauso als Einfluss wie den Nukleus von Pop itself: ABBA. Was klingt wie Anmaßung oder zumindest Wahnsinn, ist absolut keiner. Das Songwriting der Hamburgerin bewegt sich beseelt zwischen den großen Emotionen und pointierten Pop-Momenten. Können nur ganz wenige. In falschen Händen (Lord Voldemort z.B.) wird gern versucht, diese Gabe zu verkaufsfreundlichem Kitsch zu deformieren. In diesem Fall allerdings ein hoffnungsloses Unterfangen: Jim Button ist ein Ehrenmann!
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Zungenkuss
Jim Button ist die Anti-These zu einem Kunstprodukt. Sie wirkt viel eher wie der Do-It-Yourself-Trend, der die urbanen Zentren momentan umgräbt. Selbst gebrautes Bier, handgemachte Burger, customized Cupcakes… Auch wenn sich noch keine Crafting-Hits im Angebot befinden, Songs wie die erste Single „Keep Calm And Carry On“ passen perfekt ins Ambiente. Konzept Nachhaltigkeit – warum nicht auch für die Hitlisten? Und so ist sie selbst mit Sack und Pack und dem Videofilmer Dennis Dirksen, der sonst Clips dreht für Scorpions, Marcus Wiebusch, Adam Angst oder die Donots, in den Flieger gestiegen. In Barcelona musste sie genau 22 wildfremde Pärchen ansprechen, um 20 Zusagen zu kriegen für das Video des Stücks „Sunday Morning“. Es soll geknutscht werden vor der Kamera – und es wird geknutscht. Dass quasi alle sich sofort davon überzeugen ließen, spricht einmal mehr für die Musik aber auch für diesen unglaublichen Button-Charme. Das Ergebnis ist zauberhaft. Es macht sofort einen Unterschied, wenn nicht nur die üblichen professionell geschminkt- und gestylten Hetero-Hipster posieren. Ganz selbstverständlich bringt der Clip auf den Punkt, dass echte Menschen viel mehr sexy sind als das ganze kommerzielle Pin-Up-Imperium. Jim Button lässt dabei nicht nur machen, sondern küsst mit ihrer damaligen Freundin. So sieht’s aus. Pop selbst war eh schon immer bi – mindestens!
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Mehr menschliche Makel
So lassen sich auch die Stücke des Albums nicht gern festlegen, das wäre viel zu einfach, viel zu reizlos, das Universum Button findet seinen Fokus viel lieber in den Abwegen. Es lebe die Ambivalenz! Fehlerhaftigkeit, das Nicht-Perfekte haben es ihr angetan, darin die versteckte Schönheit zu entblättern, hat sie sich mit ihrer Debüt-Platte zur Aufgabe gemacht. Im Titel verdichtet sich diese Idee dann auf nur ein einziges Wort: „Undone“.
Die Songs, die von all dem erzählen, erarbeitet sich Jim Button dabei am liebsten zusammen mit Produzenten. Die Recording Sessions als kreativer Multiball. Illustre Akteure wie u.a. John Gordon(ja, der von Lenas „Satellite“), Johannes Bürmann, Philipp Schwär oder John Myers haben so einen Anteil an einzelnen Stücken genau wie Si Hulbert (der sonst mit Ed Sheeran und One Direction arbeitet) oder die Hip Hop Instanz Melbeatz.
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Fuchs
Im EPK, also dem „Electronic Press Kit“, sieht man Jim übrigens mit Rucksack durch die Wildnis streunen. Ganz easy, ganz Outdoor-Fuchs. Dass sie sich mit der rauen Natur und der Dunkelheit zwei ehemaligen Endgegnern von sich stellt, merkt niemand. Selbst wenn sie im nächtlichen Zelt mit der Kamera spricht und dem Betrachter Erinnerungen an das „Blair Witch Project“ in den Sinn kommen. Gänsehaut. Doch aus ihrer einstigen Angst hat Jim einfach mal eine Passion gemacht. „Wenn man sich vor etwas fürchtet, muss man es doch gerade tun!“ sagt sie. Wie beneidenswert leicht das klingt.
Alles passt eben zusammen – und dabei hat Jim noch etliche Legosteine im Ärmel. Es geht weiter, es geht los. Mit ihrem Talent, gleichzeitig eingängige und tief berührende Musik zu schreiben, wird diese Frau bald Charts und Herzen füllen.
Musik wie Verknallt-Sein.
Gestatten: Jim Button.
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Quelle: ©Linus Volkmann | Ferryhouse productions