Seit dem Jahr 2000 leben wir in der Postapokalypse. Eine Apokalypse, die allerdings nie stattgefunden hat. Kein weltweiter Systemcrash, keine Außerirdischen, kein gigantischer Meteorit, kein Erlöschen unserer Sonne. Nicht einmal die alte Lieblingshose ist endgültig zerschlissen. Das heißt natürlich nicht, dass die Angst vor dem Weltuntergang deshalb verschwunden ist – ganz im Gegenteil: Die Angst der Menschen vor anderen Menschen und dem, was diese den lieben langen Tag so alles anstellen, ist riesengroß. Und bei Mutter Natur weiß man natürlich auch nie, was sie gerade im Schilde führt. Von der kosmischen Strahlung im Hintergrund einmal ganz abgesehen.
Sich als Pianist explizit den großen Themen zu nähern ist natürlich immer etwas schwierig. Die Seele kennt nun mal keinen Unterschied zwischen dem Angriff eines Tigers, einem bösen Brief von der Bank oder einem blöden Blick des Nachbarn. Fühlt sich der Mensch bedroht dann bekommt er es mit der Angst zu tun. Und das, was den Menschen heute Angst einjagt, wird – zumindest in unseren Längen- und Breitengraden – immer abstrakter und führt zu einer immer diffuseren Lebensangst.
Auf „ Sweet Apocalypse“ setzt sich Lambert auf ganz persönliche Art und Weise mit diesen Ängsten, von denen bekanntlich viele aus der Vergangenheit weit über das Heute hinausspuken, in 12 Kompositionen auseinander. Mal spendet er Trost, mal streichelt er sanft die Katze namens Melancholie, mal entwickelt er aus der Angst einen überlebensgroßen Pathos und lässt uns unerwartet über den Dingen schweben.
Auf seinem dritten Album – dem ersten, das er für das in London ansässige Label Mercury KX aufgenommen hat – beweist der maskierte Pianist Lambert wieder einmal eindrucksvoll, dass er die komplette Gefühlsklaviatur des Lebens mit enormer Leichtigkeit spielen kann. Sein Gespür für kleine, große Melodien ist dabei immer noch außergewöhnlich.
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Quelle: Deutsche Grammophon / Mercury KX