Mit „Shades Of Light“ präsentieren die Leipziger Sound-Tüfftler von VOXID den Einstieg in ein neues Kapitel des Vocal Pop. Anfang 2016 haben sich die zwei Sängerinnen Diana Labrenz und Maike Lindemann mit den drei Sängern Daniel Barke, Friedrich Rau und Gabriel Fuhrmann unter dem Namen VOXID in die deutsche Musiklandschaft gebeamt. Ihr bisheriges Markenzeichen – Ausnahmestimmen ganz nackt, ohne Instrumente sowie die bedingungslose Liebe zum Groove und energiegeladener Popmusik – wird bei „Shades Of Light“ noch weiter geführt: Ausgeklügelte Eigenkompositionen in kunstvollen Arrangements, eine nie dagewesene Sound-Tiefe, eingebettet in ein modernes Klangbild, welches den Begriff A Cappella neu definiert.
Gleich mit dem Eröffnungssong “Headlock” brechen VOXID mit der eigenen Tradition, sich auf Eigenkompositionen zu beschränken. Dramaturgisch hätte man diesen Song kaum besser platzieren können, ruft die Songwriterin Imogen Heap mit ihm doch genau dazu auf, sich neu zu erfinden und aus dem Headlock, dem Schwitzkasten des Alten und Vertrauten loszureißen. Dass das nicht heißt, die eigenen Wurzeln zu vergessen, ist natürlich auch VOXID klar. Daher wird mit “Music Ain’t My Thing” auch gleich VOXIDs Heimathafen angefahren: Funk mit einem Funken Selbstironie. “Music Ain’t My Thing” ist die aktuelle Singleauskopplung der Platte. Sowohl der Song als auch das Video unter Leitung des Leipziger Schauspielers und Regisseurs Raschid de Sidgi lassen nur die Frage offen, ob Diana Labrenz wirklich nur aus Ermangelung an Alternativen Sängerin geworden ist. Wie dem auch sei, bei dieser Stimme muss jeder dankbar sein, dass es gekommen ist, wie es kam.
Neben Diana Labrenz steuert auch Maike Lindemann ihre erste VOXID-Komposition zum neuen Album bei. “Tears” erschafft Soundsphären, in die man abtauchen will, um in ihnen wegzuschweben. Eine Einladung, auch das Licht in der Melancholie und den unvermeidlichen Tiefen des Lebens zu sehen. Damit scheint auch genau die Essenz von “Shades of Light” getroffen zu sein: Hell ins Dunkel des klanglosen Vakuums bringen. Unterstützt wird diese Botschaft nicht zuletzt durch Jamie Cullums “Save your Soul”, ein weiteres Cover der Platte. Die warme und äußerst sensible Interpretation von Friedrich Rau könnte den Eindruck erwecken, dass Jamie Cullum wusste, wer ihn eines Tages covern würde.
Mit „This is my Day“ lässt Gabriel Fuhrmann die Sonne aufgehen. Hier stellen VOXID ein weiteres Mal unter Beweis, dass sie das Handwerk guter Pomusik verstehen. Der Song ist ein musikalisches Antidepressivum mit Hitpotenzial. Ein Stück, das das Herz berührt, ohne in Kitsch zu verfallen. Zum Abschluss des Albums werden nach dem Herzen die Beine adressiert und mit “Edge” der Befehl zum Tanzen formuliert. “Edge” ist eine Electronica (Electro-) Nummer, die vor allem durch einen unglaublichen Flow und ihre Sounddichte überzeugt und dem Album den klanggewaltigen Abschluss beschert, den es verdient.
VOXID liefern mit „Shades Of Light“ ein erfrischendes Album ab, das dazu einlädt, es in Dauerschleife abzuspielen und bei jedem Durchgang neue, liebevoll ausgearbeitete Elemente in den Backing-Vocals zu entdecken. Immer wieder kann man in eine andere Stimme abbiegen, um den selben Song mit anderen Ohren zu hören. Fast schon schockierend ist dabei, dass man bei alledem nie auch nur ein einziges Instrument vermisst. Geschuldet ist das nicht zuletzt Daniel Barke und Sonja Harth, der Sounddesignerin der Band, die sich für das Mixing der Scheibe verantwortlich zeichnen. Auch die Tatsache, dass sämtliche Arrangements aus Daniel Barkes Feder stammen, sorgt für ein äußerst rundes Hörbild, das, auch lange nach dem letzten Song von „Shades of Light“, im Ohr bleibt.
Auch auf der Bühne lassen VOXID nichts zu wünschen übrig und sorgen immer wieder für ungläubiges Staunen darüber, was allein die menschliche Stimme zu leisten vermag. Die auf der Platte zu hörenden Klangwelten, in denen Einzelstimmen kaum noch wahrzunehmen sind, werden auch live auf wundersame Weise scheinbar aus dem Handgelenk geschüttelt. Und es wird hör-, sicht- und fühlbar, wie die vergangenen Jahre auf der Bühne eine Band haben zusammenwachsen lassen, die längst aus ihrer musikalischen Selbstfindungsphase hinausgewachsen ist und es schafft, im Kollektiv ihre musikalischen Ideen auszuleben. Somit ist es schon fast ein Muss, VOXID auf der kommenden Release-Tour selbst live zu erleben.
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Quelle: Rum Records