Alles schwebt und schwelt hier, ab der ersten Note. In den elf Liedern von „Out Of Your Tree“, die laut Robert Coyne zumindest inhaltlich keinem ersichtlichen Konzept unterworfen sind, wird sofort eine ganz eigenwillige Atmosphäre erzeugt – mal entspannt, mal dräuend, mal geheimnisvoll. Der Hörer wird auf der Stelle, sofern er sich darauf einlassen mag, in einen Malstrom der so simplen wie fordernden wie mystischen Repetition gezogen, treibend und irgendwie nicht von dieser Welt stammend.
„Out Of Your Tree“ ist nach „Woodland Conspiracy“ (2010) das zweite Soloalbum von Robert Coyne bei MEYER RECORDS. Zwischen 2013 und 2016 hatte Coyne bei dem Label gemeinsam mit der Schlagzeug-Legende Jaki Liebezeit drei aufregend-intensive Werke aufgenommen, die gleichfalls stark von einem magnetisch-magischem Rhythmus geprägt waren, ohne dass dabei die Melodie mit Wiedererkennungswert völlig ihren Platz frei gegeben hätte.
Liebezeit, der etwa mit Chet Baker oder dem Manfred-Schoof-Quintett spielte, bevor er vor allem als Gründungsmitglied und Schlagzeuger der avantgardistischen Band CAN Kult-Status erlangte, war aber auch gerne gesehener Gast-Drummer etwa bei Jan Wobble, den Eurythmics, Depeche Mode, Brian Eno und vielen weiteren Künstlern. Als Liebezeit im Januar 2017 im Alter von 78 Jahren starb, musste sein drei Dekaden jüngerer musikalischer Partner Coyne sich erst einmal kreativ weitgehend neu orientieren. „Zunächst mal bleibt festzustellen“, erklärt der Londoner, „dass meine neue Arbeit eine Verneigung vor Jaki ist. Sein Ableben mag nicht die ganz große Überraschung für mich gewesen sein. Doch es war ein Schock – wegen seiner Endgültigkeit. Liebezeit und ich waren keine Freunde im klassischen Sinn, er war nicht sehr gesprächig. Dafür fand die Kommunikation mit diesem liebenswerten alten Herrn auf einer anderen, seelenverwandten Ebene statt.“
Während sich die drei Coyne/Liebezeit-Kooperationen mehr der Avantgarde verpflichtet fühlen, hält der Brite sich dieses Mal eher ans Meditativ-Hypnotische. Das Ganze erinnert mal an den Folk-Mystiker John Martyn, mal an den aktuell angesagten Jazz-Folker Ryley Walker, mal an Jeff Buckley. „Und Bitteschön bei den Referenzen nicht Suicide vergessen, die sind seit langem meine großen Helden“, lacht Coyne.
Tatsächlich hört man auf „Out Of Your Tree“ eine ganze Menge Affinität zum Sound des 1971 gegründeten, revolutionären New Yorker Bizarr-Duos heraus. Gesang trifft auf herrlich monotone Drums, Gitarre auf Elektronik. Coyne hat seine neue Produktion gemeinsam mit dem renommierten Schlagzeuger Werner Steinhauser (Kevin Coyne-Band) eingespielt. „Zwar habe ich auch dieses Mal erneut bevorzugt akustische Gitarre gespielt, gleichzeitig viel mit Tape Echo-Effekten gearbeitet“, erzählt der schlaksige Brite. „Mit dieser Maschine kann ich einen sehr emotional geprägten Sound erzeugen. Alleine deshalb, weil sie nicht allzu gut zu kontrollieren ist. Gerade in seiner Unberechenbarkeit ist das Ding zutiefst human.“
Musikalisch wie inhaltlich hat sich Robert Coyne „gerne von der Melancholie leiten lassen, mit der bin ich ziemlich vertraut“, seufzt er hörbar auf. „Textlich ist die Isolation ein gewichtiges Thema auf `Out Of Your Tree´. Ich bin ein durchaus sentimentaler Zeitgenosse. Zum Glück bin ich nicht einsam – stattdessen ist meine geliebte Frau die `Partnerin in Isolation´. Und das schon seit gut zehn Jahren.“
Robert Coyne ist der Sohn der englischen Blues Rock-Ikone Kevin Coyne. Den Vater zog es 1985 nach Nürnberg, aus Liebe zu einer Fränkin, wo er 2004 mit gerade mal 60 an Lungenfibrose starb. Zwischen der eigenen Musik und der seines Erzeugers entdeckt Robert Coyne nur wenige Parallelen: „Wir hatten zwar ein inniges Verhältnis zueinander, aber ich bin doch eher den ruhigeren Klängen verbunden, er konnte mit seiner Raspel-Stimme liebend gerne mal lauter werden. Und doch, unterbewusst ist mein Sound vermutlich von Daddys Werk inspiriert. Weil er mir die Liebe zur Kreativität, vor allem aber zur Individualität eingepflanzt hat. Wäre schön, wenn sein unsteter, verwegener Geist in meinen Liedern weiterleben würde.”
Überhaupt sieht der junge Coyne im Nachlass seines in der Musik-Szene hochverehrten Vaters „im besten Sinne des Wortes hemdsärmeligen, schweißtreibenden, fiebrigen Blues-Rock der alten Schule“, sagt er. „Ich hingegen bin ein Artist, der versucht, sich kreativ ständig zu verändern. Ein Künstler, der sich visionären Ansätzen verschließt, sollte keine neuen Projekte angehen. Kreativ zu sein und seinen Job ernst zu nehmen, das bedeutet seit jeher den Willen zur Veränderung. Gerne mal radikal.“
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Und was ist darüber hinaus Robert Coynes Hauptanliegen mit seinem Werk? „Ich will Energie übertragen. Eine besondere Atmosphäre schaffen. Den Zuhörer auf eine hoffentlich spezielle Reise mitnehmen. Wäre schön, wenn ich ihm mit `Out Of Your Tree´ ein Erlebnis vermittle, dass er so schnell nicht vergisst.“
Das neue Album „Out Of Your Tree“ von Robert Coyne erscheint am 5. Oktober bei Meyer Records im Vertrieb von Rough Trade.
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Quelle: Rough Trade | Promoteam Schmitt & Rauch