Bands von internationalem Format kommen selten aus Deutschland. Mit dem Debüt der Kölner Band BenjRose allerdings könnte sich hierzulande einiges verändern. Denn noch nie zuvor hat es eine deutsche Band geschafft, gleich mit ihrem Erstling die fast perfekte Gratwanderung zwischen Pop und Rock auf hohem Niveau abzuliefern. Ein solches Album entsteht natürlich nicht über Nacht, knapp vier Jahre haben die Musiker an den Songs gearbeitet. Unterstützt wurden sie dabei von keinem Geringeren als Rami Jaffee, seines Zeichens Keyboarder der Foo Fighters.
Der 49-Jährige, der vor seiner Zeit bei Dave Grohl und Co. schon jahrzehntelang als gefragter Session-Musiker und anerkannter Produzent (u.a. The Wallflowers, Victoria Williams, Leah Andreone, Everclear, Richie Sambora, Pete Yorn, Grant Lee Buffalo, Coheed And Cambria) gearbeitet hat, lernt die Band um Namensgeber Benjamin Rose 2009 in Drabenderhöhe (bei Köln) kennen und bietet sich sofort als Mentor an. Mit seiner Hilfe entstehen nicht nur vier Songs des Albums, seine Kontakte ermöglichen es der Band auch, zum ersten Mal in den USA zu touren.
Die dortigen Erfahrungen, u.a. auf der renommierten alljährlichen Musikmesse South By Southwest (SXSW) in Austin/Texas, fließen ebenfalls in das Album ein. Kein Wunder also, dass das Debüt Album von BenjRose so klingt, wie es klingt: spontan, aber doch professionell, eingängig, aber nicht eingefahren, motiviert, aber nicht überambitioniert. Kurz: eine internationale Produktion, die auch ein internationales Publikum anspricht.
Mit einem Frontmann wie Benjamin Rose ein nicht nur logisches, sondern zwingendes Unterfangen: Der 35-Jährige Sohn von Randolf Rose, einem puerto-ricanisch-indischen Soulsänger, und einer deutschen Mutter wächst im Norden Deutschlands auf und lebt seit frühester Jugend für die Musik. Seine wandlungsfähige Stimme und fesselnde Bühnenausstrahlung finden sich auf den Songs des Albums wieder, das weniger wie eine sterile Studioproduktion, sondern eher wie ein lebendiges Live-Werk daherkommt. Es dürfte schwierig sein, dieses facettenreiche Debüt in eine Kategorie der üblichen Formatierungen einzuordnen. Mit dem treibenden Garagen-Rock des Openers „Where Do We Go“ beginnt eine Tour de Force durch alle Spielarten des modernen Pop Rocks, die mit der wunderschönen Akustikballade „Trails Acoustic“ endet. Dazwischen tanzen Rose, die Gitarristen Alex Auer (u.a. Xavier Naidoo) und Robert Schuller (u.a. Wingenfelder) sowie Drummer Benno Müller vom Hofe auf einem Stilmix, dem man nicht nur die Einflüsse von Michael Jackson, Stevie Wonder und Queen anhören kann: auf die Powerballade „No Catastrophe“ folgt mit „Lovetrain“ eine Funk-Hommage, auf die Prince stolz gewesen wäre. „No One Else“ zelebriert tanzbaren Rock, wie man ihn bisher nur von englischen Bands der 2000er kannte, garniert mit einer Portion Trance. Auch auf „Broken Heels“ dürften sich viele Fans einigen, die mit der Schnittmenge aus Muse, Imagine Dragons und U2 etwas anfangen können. Ein weiteres Paradebeispiel von zeitlosem und trotzdem zeitgenössischem Pop Rock ist „Feel Alive“, während die Ballade „Mistakes“ nicht nur textlich Frauenherzen höherschlagen lässt. Bei „You Can Come Back“ sind die Lyrics ebenfalls Programm, das ruhige, soulige Stück ist maßgeschneidert auf die Stimme von Benjamin Rose. Hier merkt man das feine Gespür von Rami Jaffee für Arrangements, die unter die Haut gehen. „Break The Habit“ dagegen lebt von seiner dichten Atmosphäre, die am Schluss der Halbballade in ein furioses Ende mündet.
Mit diesem Debüt rechtfertigen BenjRose die vielen Vorschusslorbeeren, mit denen sie schon als Newcomer ohne Plattenvertrag bedacht worden waren: Als Support von Pink, Seed, Hurts, Philipp Poisel, Deichkind oder auf der Westernhagen-Tournee 2015 sowie diversen Festivals wie Open Flair, Gamescom, Reeperbahnfestival oder hr3@night haben sich die jeweiligen Headliner mehr als nur auf die übliche professionelle Art und Weise bedankt. Nimmt man dann noch die ungläubigen Reaktionen des amerikanischen Publikums während der South By Southwest-Stippvisite hinzu, bleibt nur ein Schluss: Die Mitglieder von BenjRose haben zwar deutsche Pässe, aber werden diese in Zukunft auch oft benutzen müssen. Vielleicht als Support der Foo Fighters?
.
Quelle: Artfarm Records