Ost-Berlin 1978: Fünf Musiker starten, sich gegen alle Konventionen zu stellen und die staatlich vorgeplanten Laufbahnen für DDR-Jugendliche auszuschlagen. Die Band SILLY formiert sich und will sich zu eigenen Erfolgen führen. Schon mit diesem Beginn manifestierte sich das Credo der Rebellion in der Band, die als erstes mit dem Umstand umgehen musste, dass der gewählte Bandname nicht die Gremien der Kulturbehörde passieren konnte und abgelehnt wurde. Durch den geschickten Schachzug die Katze Silly zum Bandmaskottchen zu erklären und sich selbst als deren Familie – Familie Silly – zu deklarieren, konnte man die Gralshüter der DDR-Zensur überlisten und den Wunschnamen in die Zukunft retten.
Die ließ nicht so lange auf sich warten. Zwar hatte die Gründungsbesetzung um Sängerin Tamara Danz – wie jede andere Band auch – die Aufgabe, sich ihr Publikum erst einmal zu erobern, aber schon das Debutalbum „Tanzt keiner Boogie“ erzeugt große Aufmerksamkeit und liefert neben dem Titelsong mit „Der letzte Kunde“ auch noch einen ersten heimlichen Underground-Hit und frühen Klassiker.
Richtig überschlagen sich die Ereignisse dann ab 1982. Mit steigender Popularität schafft man es, den Zusatz „Familie“ zu streichen und kann bereits das Zweitwerk “Mont Klamott“ unter dem finalen Signet “SILLY“ veröffentlichen.
Das Album ändert alles!
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Der Sound, getragen von Tamara Danz‘ ikonischer Stimme über dominanten Gitarrenriffs und einem von Ritchie Barton gelegten Keyboard-Teppich, wird zur Sensation. Die Texte berühren und treffen den Zeitgeist einer Generation. Der Titelsong katapultiert die Band an die Spitze und avanciert 1983 zum #4 Hit in der Jahresgesamtauswertung der DDR. Tamara Danz als Frontfrau wird gemäß dem Albumtitel quasi zur Personifizierung „Der wilden Mathilde“. Die Band hat es geschafft, unangepasst und kritisch zu bleiben und in einem versucht gleichgeschalteten und gelenkten System, eine Lücke für sich zu finden. Der Ruhm hat aber nicht nur Vorteile, er zieht alle Augen auf sich, auch die der Überwachung und Zensur. Das bekommen SILLY mit dem dritten Album zu spüren. Das Artwork und der gewünschte Titel erregen den Unmut der Kulturwächter, womöglich fühlten sie sich bei dem Bild der leeren Bahntrasse in Kombination mit dem Titel „Zwischen unbefahrenen Gleisen“ ertappt und an den Grenzstreifen erinnert. Das war zu viel der Provokation, Cover und Titel mussten geändert werden, der Inhalt blieb trotzdem rebellisch und frech. „Liebeswalzer“ prangt schließlich als Titel auf dem Cover. Das Lied selbst avanciert, ebenso wie „Die Ferne“ und „So ’ne kleine Frau“, schnell zum SILLY-Klassiker.
Die Hoffnung, dass SILLY sich vom System vereinnahmen lassen, zerstreut die Band mit dem vierten Album „Bataillon d’Amour“ endgültig. Die Fans feiern die Unangepasstheit und nicht nur den Titelsong, der wiederum die Jahresauswertung von 1986 auf Platz 4 prominent besetzt, das ganze Album gilt als Meilenstein. Ob es der New Wave inspirierte Song „Josef & Maria“ ist oder das bedrückend atmosphärische Lied „Schlohweißer Tag“, kaum jemand kann so gut Stimmungen in Musik einfangen wie SILLY.
Mit der selbstgesetzten Messlatte können SILLY dennoch gut umgehen. Auch das nächste Album „Februar“ – betitelt nach dem geplanten Veröffentlichungstermin – kann das Level halten und wird in der DDR gar zum „Album des Jahres“ werden.
Im November schließlich zerfällt das Land und zeitgleich das Publikum für viele bis dahin etablierte DDR-Künstler. Die neue Freiheit bedeutet erst einmal auch die Freiheit, all das nachzuholen, was vorher versagt blieb – Westmusik. Die eigenen Helden kannte man und hat sie vernachlässigt. Viele DDR-Stars sind mit den Folgen dieses Umschwungs verschwunden, nicht so SILLY. Die durch den Umbruch entstandene Schaffenspause wird mit dem abermals provokanten Albumtitel „Hurensöhne“ 1993 beendet und überzeugt die Fans von der anhaltenden Kreativität der Band, die sich schnell wieder zurückerobern lassen.
Kaum ist der erste große Schicksalsschlag mit Bravour gemeistert, da lauert bereits die nächste Schicksalsprüfung. Sängerin Tamara Danz muss mit einer Krebsdiagnose kämpfen und verliert am Ende gegen die Krankheit. Das letzte mit ihr aufgenommene Album „Paradies“ wird 1996 zwar zum ersten SILLY-Album in den Gesamtdeutschen-Charts, bedeutet aber auch das vorläufige Aus für die Band. Zu schwer haben alle an dem Verlust zu tragen. Der Krebs fordert zudem mit Herbert Junck 2005 ein weiteres Opfer innerhalb des Bandgefüges.
Die verbliebenen drei, Barton, Hassbecker und Reznicek entschieden davon aufgerüttelt, dass sie das Erbe der Band aufrechterhalten wollen und langsam wurde SILLY – zuerst mit sporadischen Auftritten unterstützt durch Gastmusiker – wiederbelebt. Schließlich hatte das Schicksal auch mal eine positive Wendung für SILLY zu bieten. Mit Anna Loos fand sich 2006 eine neue Stimme, die hervorragend zur Band passte.
Die Zusammenarbeit entwickelte sich so erfolgreich, dass mit „Alles rot“ 2010 schließlich ein lange für unmöglich gehaltenes neues SILLY-Album erschien. Ein überraschender und umso beeindruckender Erfolg. „Alles rot“ überrennt die Charts im Sturm. Die Band ist wieder ganz vorn mit dabei und überzeugt zudem auch viele neue Fans, die zum ersten Mal mit SILLY und ihrer Musik in Kontakt kommen.
Von dieser Erfolgswelle getragen wird das 2011 veröffentlichte Werk „Kopf an Kopf“ mit einer Nummer 2 Platzierung in den Charts sogar noch einen Punkt weiter oben notiert. Der Jubel hält selbst 2016 noch an, als das bislang letzte Studioalbum „Wutfänger“ erscheint. Mit einer Top 5 Platzierung steht es den Vorgängern kaum nach und stellt als nunmehr 10. Studioalbum einen vorläufigen Höhepunkt in der musikalischen Bilanz dar.
SILLY haben bewiesen, dass sie ihr Schicksal meistern können – das werden sie auch in Zukunft tun. Bis dahin präsentiert das neue Album „ZEHN“ Höhepunkte ihrer bisherigen Karriere.
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Quelle: Sony Music | Promoteam Schmitt & Rauch