SINGLE | Serj Tankian „Elasticity“ | im Handel

2020, das Jahr unserer Pandemie: Ein Jahr der gesellschaftlichen Unruhen, Polizeigewalt und einer bedeutsamen US-Wahl. Das Jahr von COVID-19 und einer immer weiter ansteigenden Zahl von Toten. Eine massive Erschütterung und Massensterben im Libanon. Politische Umbrüche in Belarus. Eine Weltwirtschaft im Abwärtstaumel. Globale Proteste. Wenn es jemals eine Bühne für neue Musik von Serj Tankian gab, dann diese.

Geprägt von seinem sofort wiedererkennbaren Eklektizismus und seinem einzigartigen Gesangsstil legt Serj nun die „Elasticity“-EP vor. Eine 5-Track-EP, mit dem er die gesamte stilistische Bandbreite von treibenden, elektronisch-verstärkten Hymnen wie dem Titeltrack, über leidenschaftliche Schlachtrufe für sein geliebtes Armenien („Electric Yerevan“) bis hin zu dem ironischen politischen Mash-Up „Your Mom“ abdeckt. „Oh, `Your Mom` ist echt kompliziert“, so Serj mit spitzbübischem Lächeln. „Der Song wurde schon vor einer Weile geschrieben und handelte ursprünglich vom Symptom und Heilmittel gegen ISIS. Irgendwann war der Text einfach nicht mehr aktuell. Er entwickelte sich in etwas Surrealeres, in dem es um Radikale geht, die schreckliche Verbrechen gegen die Menschenrechte begehen. Und deine Mom, die sich ihnen im Kampf entgegenstellt – fast wie ein lustiges Videospiel.

Auf dem entgegengesetzten Ende der emotionalen Skala findet sich das doppeldeutige „Rumi“. „Es handelt einerseits von meinem Sohn Rumi und gleichzeitig von dem gleichnamigen Dichter“, macht Serj eine seltene Ausnahme von seiner Regel, seine Texte nicht näher zu erklären. „In der Musik wird gerne vermieden, textlich allzu konkret zu werden, da sich immer weniger Menschen mit Dingen beschäftigen, zu denen sie keine persönliche Verbindung haben. Aber es gibt aber auch Fälle, in denen es zwingend notwendig ist, die Inspiration und die Muse der Lyrics genau zu benennen. So wie hier, wo es um ein Vater-Sohn-Gespräch und die Referenz zu dem Dichter geht, nach dem er ihn benannt hat. Das lässt sich nicht anders interpretieren, so dass man den Text durchaus verallgemeinern kann.

Ursprünglich war Serjs Plan, die Songs nicht unter seinem eigenen Namen zu veröffentlichen. Und tatsächlich besteht die „Elasticity“-EP aus Songs, die anfänglich für System Of A Down bestimmt waren. Ein Vorhaben, das sich in der geplanten Form jedoch nicht umsetzen ließ. „Als in mir vor ein paar Jahren die Idee keimte, möglicherweise noch ein Album mit den Jungs von SOAD zu machen, begann ich an einer Reihe von Songs zu arbeiten, die ich vor diesem Hintergrund schon gleich als Rocksongs anlegte“, erklärt Serj. „Da wir die Vision zum SOAD-Album nicht Angesicht zu Angesicht weiterentwickeln konnten, entschied ich mich schließlich, die Stücke unter meinem eigenen Namen rauszubringen.“ Alles in allem stellt die „Elasticity“-EP eine weitere akustische Leinwand in Serjs sich ständig vergrößernder Schaffenspalette dar. Als Sänger, Dichter, Songwriter, Visual-Artist, Aktivist und Komponist hat er die Musik seit jeher als Ventil betrachtet, seine Gedanken und Gefühle zu transportieren. Und das auf einer Leidenschafts- und Bewusstseinsebene, an die heute nur die wenigsten KünstlerInnen heranreichen können.

Als im Libanon geborenes und in Los Angeles aufgewachsenes Kind armenischer Eltern konnte Serj schon in jungen Jahren die Verschmelzung der verschiedensten kulturellen Einflüsse, Ideen und Ideale beobachten. Eine Lehre in Integration und Anpassung, die zum tiefen Verständnis der Einheit aller Dinge geführt hat und die sich seither in der Musik und Kunst manifestiert, für die er heute lebt. Schon früh zu Beginn seiner Karriere fand Serj ein kreatives Outlet als aufwieglerischer Sänger und Songwriter der international erfolgreichen Formation System Of A Down; eine Band, die die Herzen und Hirne von Millionen Fans mit ihrer Botschaft von Liebe, Awareness und Aktivismus berührt hat. System Of A Down haben fünf Studioalben veröffentlicht, drei davon stiegen direkt auf Platz 1 der Billboard 200-Charts ein. Sie waren für insgesamt vier Grammy-Awards nominiert und konnten den begehrten Musikpreis im Jahr 2006 in der Rubrik „Best Hard Rock Performance“ für ihren Song „B.Y.O.B.“ entgegennehmen.

Trotz des enormen Erfolges hat sich Serj niemals auf den errungenen Lorbeeren ausgeruht, sondern nach immer neuen Ausdrucksformen für seine Kunst gesucht. Bisher hat Tankian fünf Soloalben veröffentlicht; angefangen mit dem 2007 erschienenen Hardrock-Album „Elect The Dead“, das sich direkt an die Spitze der Charts setzte. Mit „Imperfect Harmonies“ erschien 2010 sein Zweitwerk, dem 2012 das dritte Album „Harakiri“ folgte. 2013 brachte Serj zwei völlig unterschiedliche Platten auf den Markt: Das von Fans und Kritikern gleichermaßen gefeierte „Orca Symphony No. 1“, das im Juni in die Läden kam, sowie einen Monat später das außergewöhnliche „Jazz-Iz Christ“. In den letzten Jahren hat sich Serj während seiner Studioaufenthalte auf die Komposition von Scores und Beiträgen für Film- und Videospiel-Projekte konzentriert. Kürzlich war er auf einer zeitgemäßen Coverversion von Blue Öyster Cults Rock-Klassiker „Godzilla“ für Michael Doughertys Blockbuster „Godzilla: King Of The Monsters“ zu hören und nahm gemeinsam mit dem Authentic Light Orchestra eine moderne Fassung des armenischen Volkslieds „Sari Siroun Yar“ für Terry Georges Film „The Promise“ (mit Christian Bale und Oscar Isaac) auf. Zusätzlich wurde er von der Produktions-Company Survival Pictures mit der musikalischen Beratung zum Film betraut.

In seinen jüngsten Projekten zeichnete Tankian für die gesamte Komposition in der preisgekrönten Dokumentation „I Am Not Alone“ von Regisseur Garin Hovannisian sowie dem kommenden Live Nations Productions-Film „Truth To Power“ verantwortlich, der Serjs eigene Reise zwischen Musik und Aktivismus skizziert. 2017 komponierte Serj die Musik zum Emmy-nominierten „Intent To Destroy“, einem fesselnden Film unter der Regie des preisgekrönten Dokumentarfilmers Joe Berlinger. Im gleichen Jahr entstand der intensive Score für das russische Action-Epos „Furious – The Legend Of Koloyrat“, gefolgt von seiner Filmmusik für den preisgekrönten Film „Spitak“ von Regisseur Alexander Kott. Außerdem schrieb Tankian den gesamten Score für die Independent-Produktionen „1915“ und „The Last Inhabitant“, eine Komposition für Ilya Naishullers Science-Fiction „Hardcore Henry“ und die Soundtracks zum Videospiel „Midnight Star“ sowie der Fortsetzung „Renegade“ von einem der Macher des legendären „Halo“-Kultspiels. Seine Vita umfasst ebenfalls die Gründung des 2001 ins Leben gerufenen Plattenlabels Serjical Strike Records, auf dem Alben von diversen gefeierten Acts wie Fair To Midland, Buckethead und Death By Stereo erschienen.

Gemeinsam mit Musikerkollege Tom Morello (Rage Against The Machine, Audioslave) gründete Serj im Jahr 2002 die Non-Profit-Organisation Axis Of Justice, die sich zum Ziel gesetzt hat, Musiker, Musikfans und basispolitische Organisationen zusammenzubringen, um für soziale Gerechtigkeit einzutreten. Als Co-Moderator von Axis Of Justice Radio Network hat er außerdem erste Erfahrungen innerhalb der Rundfunk-Welt gemacht; zu hören via Sirius Satellite Radio und auf KPFK in Los Angeles. Auf seiner Mission, mit seiner Musik, Lyrik und Aktivismus für Diversität und gegenseitiges Verständnis zu kämpfen, wird Serj Tankian auch weiterhin all diejenigen überraschen und erleuchten, die seiner Musik und seinen Worten Gehör schenken. In den vergangenen Jahren teilte Tankian seine Zeit zwischen Mikrophon und Pinsel in seinen Händen auf.  Seit 2013 erschuf er so über 60 Kunstwerke, nachdem seine Reise in die Welt der schönen Künste mit seinen „Disarming Time Musical Paintings“ begann, die in der renommierten Project Gallery in Los Angeles zu sehen waren. Seither folgten zahlreiche Ausstellungen in Galerien in den Vereinigten Staaten sowie in Neuseeland. Von Mai bis September 2015 war seine Kunst im Rahmen einer Gruppenausstellung während der Eröffnung des New Museum Los Gatos in Nord-Kalifornien zu sehen und wurde kürzlich in zwei namhaften Gallerien in Neuseeland zwischen Februar und März 2019 ausgestellt.
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Quelle: We Sharte A Lot