Tori Amos ist keine Person die einen Lockdown genießen würde. Sie spielt live, seit sie dreizehn Jahre alt ist. Sie verbringt ihr Leben zwischen Cornwall, Florida, und unterwegs. Ihre Songs schreibt sie auf Reisen und beim Beobachten. Ihr letztes Studioalbum, „Native Invader“ aus dem Jahr 2017, vereinte vier unglaublich disparate Stränge – einen Roadtrip durch Tennessee, Geschichten, die von ihren Vorfahren inspiriert wurden, den Aufstieg von Donald Trump und den langsamen Verlust ihrer Mutter durch einen Schlaganfall – mit einer Energie und einem Zusammenhalt, der einem die Schamesröte ins Gesicht treibt. Aber ohne Live-Musik, Reisen und überhaupt ohne viel zu beobachten, hatte Amos eine schwierige Zeit während der Pandemie. Sie verbarrikadierte sich in Cornwall und geriet in eine persönliche Krise, die jedem bekannt vorkam, der unter dem dritten Lockdown in Großbritannien litt – dem im Winter, der ewig zu dauern schien…
Allen Widrigkeiten zum Trotz führte diese Krise zu „Ocean to Ocean“, Amos‘ persönlichstes Werk seit Jahren – ein Album voller Wärme und Verbundenheit, mit tiefen Wurzeln in ihrem frühesten Songwriting. Sie verfiel in einen emotionalen Zustand, der so tief war wie schon lange nicht mehr – aber die Tiefen wurden kreativ und erzwangen eine Rückkehr zu der Art von Selbstbeobachtung, die sie von ihrem Debütalbum „Little Earthquakes“ kannte.
„Dies ist eine Platte über deine Verluste und wie du mit ihnen umgehst„, sagt sie. „Wenn man lange genug gelebt hat, kann man zum Glück erkennen, dass man sich nicht wie die Mutter fühlt, die man sein möchte, die Ehefrau, die man sein möchte, die Künstlerin, die man sein möchte. Mir wurde klar, dass man von dem Ort aus schreiben muss, an dem man sich befindet, um das zu ändern. Ich befand mich in meiner eigenen privaten Hölle, also sagte ich mir, dann schreibst du eben von dort aus – du hast es ja schon mal gemacht…“
„Ocean to Ocean“ wurde zwischen März und Sommer dieses Jahres geschrieben und ist eine universelle Geschichte über den Tiefpunkt und die Erneuerung des eigenen Lebens.
In Cornwall war sie von den Menschen umgeben, die sie liebt – ihrem Ehemann Mark und ihrer erwachsenen Tochter Tash und deren Freund. Für ein Album, das in einer begrenzten Umgebung entstanden ist, sind zwei Dinge bemerkenswert – die reiche stilistische Vielfalt, vom Tango bis zur Breitwand-Romantik, und die Großherzigkeit der Songs, die fast wie eine Reihe von Liebesbriefen an die anwesende oder abwesende Familie wirken. In gewisser Weise ist es ihr bisher kornischstes Album: Die Grafik sagt es selbst, denn Amos wurde auf den Klippen und in den Höhlen an der Südwestküste der Grafschaft aufgenommen.
„Wenn man beunruhigende Dinge normalerweise durch das Reisen verarbeitet, war das jetzt keine Option mehr„, sagt sie. „Mein Schema war es, in ein Flugzeug zu springen und in die Staaten zu reisen. Ich wollte nur reisen, um neue Erfahrungen zu machen. Stattdessen musste ich mir einen Stuhl suchen und ‚reisen‘, wie ich es mit fünf Jahren getan habe – in meinem Kopf.“
Der Titelsong, dessen Drama sich an den Küsten des Vereinigten Königreichs und der USA abspielt, vermittelt ein Gefühl der geografischen und emotionalen Entwurzelung. Es ist ein Lied über Verwandtschaft und Liebe, über das Festhalten aneinander in zerstörerischen Zeiten mit einer melancholischen Dringlichkeit, die wir in Amos‘ Werk von Anfang an gehört haben.
“Ich habe mir vorgenommen, die Dinge so zu betrachten, dass ich zu mehr Selbststärkung (Empowerment) komme„, sagt Tori. „Aber was ist eigentlich Stärke? Manchmal ist man noch nicht bereit, aufzustehen – man muss am Boden anfangen. Wir alle haben Momente erlebt, die uns zu Boden werfen können. Diese Platte begleitet dich da, wo du gerade bist, vor allem, wenn du gerade einen Verlust erlebst. Es fasziniert mich, wenn jemand eine Tragödie durchgemacht hat und wie er seine Trauer verarbeitet. Darin liegt das Gold. Wenn jemand tatsächlich an diesem Punkt ist und denkt: „Ich bin am Ende“, wie erreicht man diese Person? Es geht nicht um eine Pille oder einen doppelten Schuss Tequila. Es geht darum, gemeinsam im Dreck zu sitzen. Und dort im Dreck werde ich dich treffen.“
Seit der Veröffentlichung ihres ersten, karrierebestimmenden Soloalbums „Little Earthquakes“ und ihres Nummer-1-Albums „Under The Pink“ ist Tori Amos eine der beständigsten und genialsten Künstlerinnen der Musikbranche. Sie hat drei Top-10-Alben und die weltweit erfolgreiche Single „Professional Widow“ veröffentlicht, die sich beeindruckende 15 Wochen lang in den Top 40 hielt und seit über einem Jahrzehnt die Clubs rockt. Tori hat sich vom kommerziellen Pop-Erfolg zu einer Künstlerin entwickelt, die mit ihrer Musik ernste Themen rund um das weibliche Geschlecht aufgreift und damit den Weg für eine ganze Generation junger, aktivistischer Popstars ebnete. Von ihrer schonungslosen Darstellung sexueller Übergriffe in „Me and a Gun“ und ihrem Post-9/11-Album „Scarlet’s Walk“ bis hin zu ihrem dezidiert feministischen Bühnenmusical „The Light Princess“ hat sie sich nie gescheut, Persönliches mit Politischem zu verbinden. Als bekannte Menschenfreundin war Tori die erste öffentliche Stimme für RAINN (Rape, Abuse, and Incest National Network), die größte Organisation der Vereinigten Staaten gegen sexuelle Übergriffe, und ist weiterhin Mitglied des National Leadership Council.
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Quelle: Decca Records | Promotion Werft