Eine Dekade nach der Veröffentlichung von Recomposed taucht Max Richter erneut in die Klangwelt von Vivaldis Vier Jahreszeiten ein. Gemeinsam mit der Geigerin Elena Urioste und den Musikern des Chineke! Orchestra hat er The New Four Seasons eingespielt, in einer Neufassung für historische Instrumente. Mit Darmsaiten und Vintage-Synthesizern setzt Richter auf einen »raueren, punkigeren Sound«. Das Album erscheint am 10. Juni 2022 bei Deutsche Grammophon. Richter und Chineke! werden Recomposed am 16. Juni zum ersten Mal gemeinsam live aufführen, in der britischen Sommershow Live at Chelsea; Tickets sind ab sofort erhältlich.
Richters im Sommer 2012 erschienene genre-definierende Neukomposition des barocken Meisterwerks stürmte in 22 Ländern die Klassikcharts. Der Komponist hatte sich mit einem Werk auseinandergesetzt, das er selbst liebte und zugleich nicht mehr hören konnte, weil es überall zu hören war. Er begab sich auf eine »persönliche Bergungsmission« und schöpfte aus Vivaldis musikalischer DNA etwas Neues. Sein weltweiter Bestseller erreichte über 450 Millionen Streams. 110 Millionen Mal wurde allein »Spring 1« gestreamt. Heute blickt Richter in seiner bemerkenswerten Karriere auf insgesamt über drei Milliarden Streams.
Und Recomposed findet weiter neue Hörer, so wurde es als Soundtrack erfolgreicher Fernsehserien genutzt, etwa in Bridgerton und The Crown – nach deren Ausstrahlung sich die Streams von »Spring 1« verdreifachten – oder in Meine geniale Freundin, Chef’s Table, Orphan Black und Edison – Ein Leben voller Licht. Das Werk wird weltweit auf Konzerten gespielt und bei Tanz, Eiskunst, Schauspiel oder Fashion genutzt. Der Olympia-Schwimmer Adam Peaty zählt »Spring 1« zu seinen Favoriten, Christine and the Queens nannte es »den besten Song zum Verlieben«, für Diddy ist es seine ganz persönliche »Theme Music«.
In den letzten zehn Jahren hat Richter Recomposed immer wieder performt. Nun hat ihn eine Aufführung auf historischen Instrumenten zu einer »Reise durch die Partitur in Vivaldis eigenen Farben« inspiriert. The New Four Seasons bringt die Farben einer barocken Klangpalette in seine Komposition, die mit Fragmenten der vier Violinkonzerte spielt, sie in unterschiedlichen musikalischen Prismen bricht und in völlig anderen Orchesterformationen enthüllt.
Auch die Elektronik unterzog Richter einer Revision und entschied sich für Moog-Synthesizer aus den 70er-Jahren – dem »Äquivalent zur Stradivari«. Gefragt nach dem Unterschied zwischen modernen und historischen Darmsaiten erwidert er lachend: »So unterschiedlich wie Smooth und Crunchy Peanut Butter, hat jemand gesagt. Das bringt es eigentlich auf den Punkt!«
Auf dem Album ist das Chineke! Orchestra zu hören. Bereits 2018 hatte Richter in einer Aufführung seiner Partitur Waltz with Bashir mit dem Orchester zusammengearbeitet. Das 2015 von Chi-chi Nwanoku OBE gegründete Chineke! ist das erste seiner Art in Europa, ein diverses Ensemble. Chineke! setzt sich für Wandel und Vielfalt in der klassischen Musik ein und ist, so Richter, »ein Leuchtfeuer in der klassischen Musik, weist es doch den Weg, dass ein Ensemble die Wirklichkeit spiegeln kann, in der wir leben«. Das Team wurde durch die junge Geigerin Elena Urioste ergänzt, die bereits zuvor mit Chineke! aufgetreten ist. »Das passte perfekt«, sagt Richter.
Chi-chi Nwanoku OBE, Gründerin sowie künstlerische und geschäftsführende Direktorin der Chineke! Foundation, erklärt: »Dass Max sich an eine moderne Gruppe wendet und sie bittet, auf Darmsaiten zu spielen, das gibt dem Ganzen eine weitere Dimension – voll Neugierde, Abenteuer und Offenheit.« Da das Ensemble nicht vertraut war mit historischen Instrumenten, bereiteten sich Urioste und Chineke! auf die Aufnahme durch Workshops in London vor, die von Nwanoku und den Barockspezialisten Bojan Čičić, David Bates und Davina Clarke geleitet wurden. Die Musiker:innen lernten den Umgang mit den leichteren Barockbögen, das Aufziehen und Spannen der Darmsaiten und machten sich mit der ungewohnten Klangqualität vertraut.
Der Prozess wurde in Richters neu erbautem Studiokomplex in Oxfordshire fortgesetzt, errichtet vom Komponisten und seiner Partnerin, der Künstlerin Yulia Mahr. Komponist und Musiker:innen arbeiteten eng zusammen, ohne Dirigent:in und hitzig diskutierend über alle Aspekte der Musik, ob barocke Instrumentaltechnik, Sprache oder Storytelling des Vivaldi’schen Originals. Richters neue Fassung, sagt Nwanoku, »ist immer noch dieselbe Geschichte – doch es ging darum, sie fürs 21. Jahrhundert zu wenden«.
Schon die erste Aufnahmesitzung begeisterte Richter: »Chineke! ist eine junge Band, man hat das Gefühl, dass man mit der Zukunft arbeitet.« Und über Urioste sagt er: »Es war erstaunlich, wie sie auf ihre Art die Musik zum Sprechen brachte. Sie ist absolut brillant.«
Urioste selbst beschrieb den Spirit der Sessions: »Es geschieht nur selten, dass in einem Projekt, an dem so viele Leute beteiligt sind, ein solches Engagement aufkommt. Das Musizieren hat sich natürlich, schön und warm angefühlt, es hatte alles, was man sich wünscht für ein Projekt.«
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Quelle: Deutsche Grammophon | Promotion Werft