Mit all der musikalischen Kompromisslosigkeit, klanglichen Vehemenz, virtuosen Bruchstückhaftigkeit und ästhetischen Wucht, mit der Versus Goliath den Hörer auf „LIEBE & CHAOS“ konfrontieren, könnte man das Debütalbum des Münchner Trios bei oberflächlicher Betrachtung als perfekten Soundtrack einer Welt wahrnehmen, die in Flammen steht. Als den unbarmherzigen Klang einer Menschheit am Abgrund. Den Sound des Untergangs.
Doch die meisterhaft arrangierten Stücke im elektrisierenden Spannungsfeld zwischen Metalcore, Modernrock und Rap, die Florian Mäteling (Gesang, Songwriting), Andreas Zöller (Gitarre, Keys, Songwriting, Produktion) und Jonas Keller-May (Drums) in den vergangenen Monaten in ihrem Münchner Studio schufen, offenbaren bei genauerem Hinhören Qualitäten, die in einer von Konfrontation, gesellschaftlicher Spaltung und allgemeiner Zukunftsskepsis geprägten Lebenswirklichkeit eine ausgeprägt humanistische Perspektive bieten. Denn während Musikschaffende andernorts die existenziellen Krisen der Welt wahlweise mit Nihilismus, Zynismus und Hedonismus künstlerisch zu verarbeiten suchen, bieten Versus Goliath Ehrlichkeit, Trost und eine ungeschönte Sicht der Dinge auf das Hier und Jetzt – frei von Heckmeck, Polemik und versteckter Agenda. Kurzum: eine Band mit sozialem Gewissen, die sich selbst dann nicht feige wegduckt, wenn es um die Beantwortung der unangenehmsten Fragen unserer Zeit geht.
Genau wie der heruntergekommene Anwalt Billy McBride (alias Billy Bob Thornton) in jener US-Serie, die der Band als (Teil-)Inspiration ihres Namens diente, sehen sich die drei Musiker als Verbündete im Kampf der Schwachen gegen die (vermeintlich) Übermächtigen. „Als ich ‚Goliath‘ zum ersten Mal gesehen habe, war mir sofort klar, dass es der perfekte Bandname ist“, erinnert sich Florian Mäteling. Die Recherche nach etwaigen kirchlichen Bezügen kann man sich in diesem Zusammenhang allerdings sparen. „Wir haben sowohl Atheisten als auch Mitglieder in der Band, die religiös erzogen wurden“, erklärt der Sänger und Songwriter, „es geht also nicht darum, ob man gläubig ist oder nicht. Die Bibel ist allerdings – zumindest in der westlichen Welt – das ‚Buch der Bücher‘ und hat bis heute einen geradezu irrational gigantischen Einfluss auf uns Menschen. Man kann durch sie viel über die Menschheit und ihre Abgründe lernen.“
Und davon finden sich auch auf „LIEBE & CHAOS“ in der Tat mehr als genug. Sei es nun die selbstzerstörerische Verzweiflung angesichts des unfreiwilligen Endes einer Paarbeziehung (bei den Songs „Liebe“, „Ich sterbe nicht“), allgemeine existenzielle Ziel- und Orientierungslosigkeit („Im Regen“), die destruktive Ohnmacht angesichts sozialer Ungerechtigkeit („Die Unschuld“) oder gar die toxische Verlogenheit der auf Kriege und Gewalt basierenden Weltordnung („Zivilisation“).
Einen mehr als aktuellen Blick auf gesellschaftspolitische (Fehl-)Entwicklungen gewährt derweil die Vorabsingle „Distanz“ – einer der Standout-Tracks des Longplayers. „Der Song beschreibt den aktuellen Stand der Gesellschaft – oder besser gesagt den Ab-Stand der Menschen zueinander“, erläutert Zöller. „Ob nun durch Corona bedingte Hygienemaßnahmen oder in sozialen Dingen – die Distanz zwischen den Menschen, zwischen Meinungen, zwischen Religionen, zwischen Arm und Reich etc. ist so groß und allgegenwärtig wie nie zuvor.“
Andere aktuelle Entwicklungen machen der Band dagegen nicht nur Mut – sie unterstützen die Musiker auch unmittelbar bei der Umsetzung ihres übergeordneten Mission Statements „Du bist nicht allein“. „Wir pflegen einen sehr engen und persönlichen Kontakt zu unseren Hörern, gerade auch über Social Media. Und wir glauben, dass dieses Medium tatsächlich auch einmal das sein kann, wofür der Begriff ursprünglich eigentlich stand: ein Mittel zur sozialen Interaktion“, so Mäteling. „Unser Ziel ist es, mit den Menschen in Kontakt zu treten, eine Stadt für diejenigen zu bauen, die nirgendwo anders ein Zuhause finden. Es gibt Tausende, Millionen wie uns da draußen. Dieser Austausch kann bei Konzerten oder im Internet stattfinden. Oder einfach dadurch, dass man Trost und Zuspruch in der Musik findet. Wir sehen Versus Goliath als Fels in der Brandung. Als Leuchtturm, der den Weg weist. Denn wir sitzen alle im selben Boot.“
Dass die fortschreitende technische Vernetzung der uns bekannten Welt gleichzeitig gewaltige Probleme aufwirft, die man nicht einfach außer Acht lassen kann, wissen auch Versus Goliath. Ein Thema, das Florian Mäteling in diesem Zusammenhang inhaltlich am Herzen liegt, lautet deshalb „Mental Health“. „Viel zu viele Menschen leiden unter den Problemen einer zunehmend digitalen Welt und der damit einhergehenden Vereinsamung und Entfremdung“, gibt er zu Bedenken. „Aber auch seelische Probleme und Traumata durch schlimme Lebensereignisse können unsere Gesundheit beeinflussen. Wir werden von klein auf darauf trainiert, zu funktionieren und durch Medikamente wie etwa Ritalin zurück ins Raster gepresst. Es ist extrem wichtig, mehr Aufmerksamkeit auf das Thema ‚Mentale Gesundheit‘ zu richten, damit wir für die zukünftigen Generationen den Grundstein für ein besseres und menschlicheres Wertesystem legen können, das den Fokus nicht nur auf Leistung und Umsatz legt.“
Angesichts derartiger Aussagen überrascht es nicht, dass Mäteling, Zöller und Keller-May ihre Motivation nicht aus monetären Anreizen schöpfen. „Wir schreiben und produzieren unsere Songs für alle, die unsere Musik hören, fühlen, feiern und teilen“, ist sich die Band einig. „Sie sind der Grund, warum wir unser gesamtes Herzblut und unsere Seele in jede Zeile, jedes Wort, jede Melodie und jeden Ton auf diesem Album gesteckt haben. Es sind ihre Geschichten, ihre Schmerzen und Schicksalsschläge, die wir miteinander teilen und die uns zu dieser Musik inspirieren. Sie zeigen uns, dass wir nicht allein sind.“
Seit dem 13.05.22 kann „LIEBE & CHAOS““ vorbestellt werden und wird am 12.08.22 traditionell auf dem eigenen Label wirwirwir veröffentlicht und über Sony Music vertrieben. Das Album „LIEBE&CHAOS“ wird gefördert durch die Initiative Musik gemeinnützige Projektgesellschaft mbH im Rahmen von Neustart Kultur mit Projektmitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
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Quelle: Sony Music | 42ITA