Ist es Größenwahn, wenn ein Indie-Pop-Quartett aus Leer das Debütalbum auf den Namen „Hamburg“ tauft? Ist es ein Tribut an unsere Stadt oder einfach nur die semi-naiv erscheinende Tatsache, dass die vier Buben hier nun zuhause und gemeinsam in einer „Pop“-WG wohnen?
“Wir als Band sind durch das Zusammenziehen viel mehr gewachsen. Wir haben Höhen und Tiefen erlebt und diese bezwungen. Hamburg ist ein klarer Meilenstein in unserer Entwicklung.”, so Sänger Dennis zur Band-WG.
Immerhin können wir festhalten, dass der Bandname North West ihrer Herkunft geschuldet ist und nicht dem Nordwesten der USA rund um Seattle und Portland, wie man fälschlich vermuten könnte, aber mit Grunge hat ihr Sound nicht mal im entferntesten zu tun, denn wie erwähnt machen sie besten Indie-Pop und fühlen sich eher von Bands wie Nothing But Thieves, Catfish And The Bottlemen und ihren Landsmännern von Giant Rooks beeinflusst.
Noch in Ostfriesland lebend veröffentlichen sie in ihren Anfangstagen leichtsinniger Weise die EP „Speak It Out“, über die sie heute eher den Mantel des Schweigens legen, da sie sich ziemlich schnell weiter und anders entwickelt haben und somit „Hamburg“ als ihren ersten Meilenstein verstehen wollen.
Zur EP meint Frontmann Dennis: “‘Speak it out’ war eher ein Experiment, unsere Song Ideen überhaupt aufzunehmen. Das war alles sehr sehr DIY.” Trotzdem haben sie mit ‚Trisha‘ einen Song aus diesen Tagen im neuen Gewand auf das Album retten können.
“Das Album, insbesondere die neueren Songs, zeigen aus meiner Sicht unseren Wandel. Wir sind aus der EP-Zeit herausgewachsen”, beschreibt Pianist Jonas die Entwicklung.
Nichtsdestotrotz veröffentlichten sie 2020 mit ‚Rosegold Heart‘ bereits die erste Single, die bestens zeigt, dass sie ein untrügliches Gespür für „Indie- Pop-Melodien“ haben, die einen anspringen und nicht mehr loslassen. Klingt vielleicht etwas banal, aber verbunden mit dem flehenden und prägenden Gesang von Dennis Gall, der auch die Gitarre spielt, sowie der Unterstützung seiner Freunde Patrick Zersen (Bass), Jonas Vehndel (Keys) und Sven de Vries (Drums) ergibt das einen Sound, der zwar diverse Vorbilder hat, aber auch eine sehr eigene Art, die Welt der jungen Hörer zu umarmen.
Natürlich gibt es auch den titelgebenden Song ‚Hamburg‘, der leicht als reine Liebeserklärung an die Hafenstadt mißverstanden werden kann und das ist gut so, denn genau diesen Aufbruch und diese Frische können wir in 2023 mehr als gut gebrauchen. Das Cover ist eine Reminiszenz an eines der berühmtesten Fotos der Welt und steht für die Umarmung einer Stadt, die natürlich nicht das Ende, sondern vielmehr den Anfang von North West und ihrem leicht größenwahnsinnigen Debüt darstellt.
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Quelle: Indigo / The Orchard