Frage: Was haben „Thriller“ von Michael Jackson, „24K Magic“ von Bruno Mars und „Kein Künstler“, das neue Album von Teesy, gemeinsam? Es ist im Grunde ganz einfach: Nicht nur können alle drei Veröffentlichungen eine Tracklist mit neun Songs vorweisen, es sind vor allem auch einfach sehr gute Alben. Im Falle der beiden erstgenannten ist das hinlänglich bekannt, aber was „Kein Künstler“ angeht, war die Entstehung gar nicht mal so absehbar. Tatsächlich war Teesy nicht mal klar, ob und wie es überhaupt mit der Musik weitergeht..
Denn die Zeit nach der Veröffentlichung seiner „Die goldenen Zwanziger“-EP im letzten Jahr war alles andere als so euphorisch, wie das namensgebende Jahrzehnt. „Auch, wenn gar nicht so viel passiert ist, hat sich mein Leben in der Zeit sehr düster angefühlt – und das hat sich auch auf die Musik ausgewirkt“, erzählt Teesy. „Es war alles so schwer, voller Zweifel und hat mir überhaupt keinen Spaß mehr gemacht – und irgendwann war da auch die Frage, ob ich überhaupt noch Musik machen will.“
Teesy legt sein Studio im Funkhaus eine Weile still und baut stattdessen nur das nötigste Equipment zu Hause auf. Noch kurz davor entsteht, wie durch einen glücklichen Zufall, „Over“, ein Song, der davon handelt, dass irgendwie alles vorbei ist und man doch noch nicht bereit ist aufzugeben. Ein Licht im Dunkeln. Eine frische Brise. Er macht weiter. Einen melancholischen Sommer lang fallen ihm hier mal eine Zeile, da eine Melodie ein. Bis irgendwann der Knoten platzt und er die Studioarbeit wieder aufnimmt. „Auf einmal kamen mir die Songs nur so zugeflogen und ich wusste gar nicht so recht, wie das passiert ist“, erinnert sich Teesy. „Das war ein Gefühl wie früher. Eine Leichtigkeit, die ich sehr lange nicht mehr gespürt habe„.
Die neue Motivation zeigt sich nicht nur im Texten, sondern auch in der Musik selbst. Er spielt Drums, Klavier, Gitarren und Bässe selbst ein. Keine Libraries, Loops. Kein Copy’n’Paste. Stattdessen handgemacht von vorne bis hinten, wie aus einem Guss. Eben richtige Songs. Mit Dynamik und Struktur. Keine Zweifel, keine Ängste. Wenig Kopf, stattdessen viel Bauch und noch mehr Herz
Apropos: Da ist zum Beispiel „Karma“. Neo-Soul der minimalen Sorte, smooth und voller Seele, der nicht nur dank seines Saxophon-Solos für gute Gefühle sorgt. „Man könnte meinen, dass es um eine Frau geht“, sagt Teesy. „Dabei ist es ein Lied für mein Herz. Ich habe in der Zeit viel meditiert, nachgedacht und mich um mich gekümmert, also habe ich einen Song für mich selbst geschrieben.“
Für den Titeltrack „Kein Künstler“ tritt Teesy scheinbar noch ein letztes Mal auf die ganz große Bühne und probt den Abschied für immer. Aber vorher noch einmal das ganz große Theater auf allen Sendern und das Geständnis, dass er eigentlich nie gewusst hat, was er da tut. Aber geht das nicht jedem Menschen so? Nicht nur den Künstler:innen, sondern auch dir und mir? Teesy zieht gekonnt Parallelen zwischen dem Imposter-Syndrom, dem Gefühl des Betrügens auf der Bühne und in einer Beziehung. Alles eine große Show und ein noch größeres Drama. „Zeichen“ sucht zu Uptempo-Beats nach Merkmalen für das Miteinander, während „Das könn nich viele“ zu den sanftesten aller Klänge die schönsten aller Dinge sagt und man sich fragt, warum um alles in der Welt Teesy irgendwann mal daran gezweifelt hat, dass das mit der Musik das einzig Richtige sein könnte.
„Ed Sheeran hat mal gesagt, dass Musik wie ein Wasserhahn ist – und wenn man den Jahrelang nicht aufgedreht hat, kommt erstmal Dreck, aber irgendwann eben auch wieder klares Wasser. Genau das habe ich auch gemerkt – genau wie, dass es sich gelohnt hat, dranzubleiben.“ Recht hat Teesy. „Kein Künstler“ ist der beste Beweis dafür.
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Quelle: © Sony Music