Drei Jahre hat das Aachener Quartett Urban Project an acht frischen Stücken gearbeitet, die zusammengenommen knapp 35 Minuten Spielzeit ergeben. Macht doch heute keiner mehr, verhältnismäßig viel Musik auf die ewig gehetzte Menschheit loszulassen! Normalerweise. Um Normen hat die musikpotente Viererbande jedoch seit jeher leidenschaftlich einen weiten kreativen Bogen gemacht, der weitreichendes Interesse nach sich zog. Beim unabhängigen Deutschen Rock+Pop Preis wurde Urban Project gleich viermal ausgezeichnet: bester Alternative-Gesang, beste Progressive Band, bestes Alternative-Album, bester Alternative-Song. Ganz ohne selbstbeweihräuchernden Musikwirtschaft-Tingeltangel. Bemerkenswert!
„All Up“, das Album weist zweigeteilt in Richtung Pop-Freestyle. Logisch, „All Up“ erscheint schließlich auf zweiseitiger Vinyl-LP! Da ist jedoch mehr – simultanes Ineinandergreifen von Post-Punk- und Jazz-Akkordfolgen, denen ProgRock-Trommelfiguren auf reichlich belebende Art Haltegriffe bieten. Der Bass geht seelentief, die Gitarren perlen wie freundliche Regentropfen an dichtgewachsenem Laub ab, lichtspendend und alarmierend zugleich. Die Stimme ist wie ein Bildungsroman der Wirklichkeit geworden ist: scharf an den Rändern, weich in ihrer empathischen Sendefreudigkeit, aufrüttelnd, wahrhaftig, versponnen und beseelt. „All Up“ ist 2023. Was für ein Glücksgefühl, in dieser Aufbruchsphase am Leben zu sein. Es gibt so viele Selbstbetrachtungsoptionen wie nie zuvor. Nie gab es so viele Möglichkeiten, dem Konstruktiven ein Denkmal zu setzen wie heute. „All Up“ enthält all das. Und mehr. Das Eröffnungsstück „Sans Amour“ beispielsweise mit einem Intro, das große Popmusik ausmacht. Gitarrennoten wie Wecker-Rattern. So geht’s los.
„All Up“ ist romantisch in den Melodieführungen, griffig in den Beats und kathartisch in den Texten. Den Heute-Sound des Albums designte die Band mit Julian Heyden, von dessen Produzenten- und Klang-Sensibilitäten sie schwärmt. Die sind in Form von Zwischentönen, die klar den klanglichen Reiz der Platte ausmachen, allgegenwärtig in den acht Songs des Albums. Die Haltung der Platte wiederum huldigt der Szene des London der frühen 80er-Jahre. Sie hätte auch „off Portobello Road“ entstanden sein können. Es ist die demokratische Sichtweise auf Musikproduktionsmittel, die „All Up“ zeitgemäß einen Bogen zwischen Early 80’s und 2023 spannen lässt. Damals wie heute braucht es keinen teuren Technik-Schnickschnack, keinen marktgerechten Musikkonformismus, sondern Ideen und Visionen, um echte musikalische Alternativen für die Ewigkeit kreieren zu können. Und weit verzweigte künstlerische Koordinaten.
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Quelle: © Drops / Nabel Rec. | Promotion Werft