Es gibt einen Song auf „Wer wenn nicht jetzt“, der nicht nur eindrucksvoll zeigt, wo Phil Siemers hinwill, sondern auch, wo er herkommt. Der beweist, dass er den Soul nicht lernen muss, sondern dass er ihn in seinem Herzen trägt wie nur ganz wenige Musiker in Deutschland. Er heißt „Ich geb dich nicht auf“ und baut in etwas mehr als vier Minuten eine eigene Welt auf, die an alles erinnert, nur nicht an die Waterkant. Wir hören Hummings, die viel vom Gospel haben – eine Hommage an Bill Withers’ „I Can’t Write Left-Handed“ –, zahlreiche Tasteninstrumente, dazu ein paar irre effektiv gesetzte Gitarrenlicks und einen reduzierten Groove. Vor allem aber hören wir diese Stimme. Sie zärtelt, denkt nach, hält sich zunächst zurück, um sich im Refrain schließlich in den Himmel zu erheben: Wenn Phil Siemers erzählt, dass er Donny Hathaway verehrt, Marvin Gaye und Al Green, dann glaubt man das gerne. Mehr noch: Man erkennt, dass er das Selbstverständnis dieser Soul-Größen in seiner eigenen Kunst verinnerlicht hat.
Sein Debütalbum „Wer wenn nicht jetzt“ enttäuscht keine Sekunde lang. Die 14 gemeinsam mit Sven Bünger (u.a. Johannes Oerding, Madsen, Cultured Pearls) aufgenommenen Songs stecken einen Kosmos ab, der etwas besitzt, was in der deutschen Popmusik ziemlich selten ist: Selbstverständlichkeit. Nichts wirkt aufgesetzt. Alles, was auf diesem Album passiert, passt zusammen, von erwähnten Gospel-Querverweisen über die Gitarren-Pickings bei „Lieblingsplatte“ bis zu „Wie es war“, der wirklich überlebensgroßen Ballade, die das Album beendet. „Es ist Pop, der Soul und Jazz atmet“, sagt Phil Siemers selbst. Man könnte da noch ein bisschen was anfügen: Wir finden natürlich auch Blues auf dieser Platte, dazu kommt Folk in dem Sinne, in dem Künstler wie Terry Callier in den 60er-Jahren oder Amos Lee in den Frühnullern Folk begriffen. Zusammengehalten wird das nicht nur von der Ausnahmestimme des Hamburgers, sondern auch von einem Melodiegefühl, das seinen Höhepunkt in der neuen Single findet: „So gut“ bleibt mit seinem markanten Groove, mit seiner Hammond-Orgel und dem Klavier, vor allem aber mit einem irre einprägsamen Refrain im Ohr.
Der dritte Gedanke ist der wichtigste: Der 27-Jährige destilliert aus seinen Einflüssen, die in der Tat von Bill Withers bis zu Al Green reichen, einen sehr eigenen Klang, was auch viel mit dem zu tun hat, was er da singt. Was beim ersten Hören so einprägsam anmutet, besitzt nämlich durchaus mehrere Bedeutungsebenen: Man kann „So gut“ als Hohelied auf die Liebe begreifen, aber eigentlich ist die Botschaft des Songs viel umfassender und eine, die ziemlich gut in die Zeit passt: Der Song erzählt auch von dem, was passieren kann, wenn Menschen sich treffen und rasch bemerken: Gemeinsam funktionieren wir viel besser als alleine!
PHIL SIEMERS gehört zur Stammbesetzung der Hamburger „Soulounge“, die schon mit Künstlern wie Roger Cicero, Roachford oder Motown-Legende Lamont Dozier zusammenarbeitete. Er stand auf der Bühne von Hamburger Jazz-Clubs wie dem Birdland und dem Mojo Club, spielte beim Elbjazz-Festival und und durfte bereits als Support für Größen wie Zaz, Keb Mo oder Nena auftreten. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er einige Songs, deren Spektrum von der abgedimmten Ballade („Verkehrt“) bis zum intim groovenden Jazz-Shuffle („Schöne neue Welt“) reichte. Kurzum: PHIL SIEMERS hat in den letzten Monaten einige Ausrufezeichen gesetzt, die sehr neugierig auf sein erstes Album machten.
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Quelle: Starwatch Entertainment (Warner)