ALBUM | Paul McCartney „McCartney III“ | ab heute im Handel

In diesem Jahr jährt sich die Veröffentlichung von Paul McCartneys gleichnamigem Solodebüt zum 50. Mal: Komplett im Alleingang geschrieben und eingespielt, hat das McCartney-Album in den vergangenen fünf Jahrzehnten kein bisschen an Charme verloren – im Gegenteil. Für Paul markierte die Veröffentlichung nicht nur den nächsten #1-Charterfolg, nunmehr als Solokünstler, sondern vor allem eine kreative Wiedergeburt: Es war der Beginn einer neuen Ära. Und ein Album, dessen warmer, lässig-handgemachter Sound – man denke an Songs wie „Maybe I’m Amazed“, „Every Night“ oder auch „The Lovely Linda“ – Generationen von Indie- und LoFi-Künstlern inspirieren sollte.

Im weiteren Verlauf der Siebziger gründete Paul dann seine zweite Band: Wings. Wieder dominierte er die Charts, wieder stand er auf den größten Bühnen und konnte sich über viel Airplay und Millionenverkäufe freuen – dank der vielen Hits auf Alben wie Band on the Run, Venus and Mars, Wings at the Speed of Sound oder auch London Town. 1980 dann, exakt 10 Jahre nach dem Release seines Solodebüts, beendete Paul das Wings-Jahrzehnt, indem er überraschend sein zweites Soloalbum vorlegte: Das mit elektronischen Sounds durchzogene McCartney II. Es war wieder ein Soloalbum im wahrsten Sinne des Wortes: Paul McCartney im Alleingang. Auch McCartney II avancierte schnell zu einem Leftfield-Klassiker – nicht zuletzt dank Highlights wie „Coming Up“, „Temporary Secretary“ und „Waterfalls“.

In den Achtzigern begann für Paul McCartney die nächste kreative Hochphase – und zwar als Solokünstler: In den letzten vier Jahrzehnten nahm der heute 78-Jährige aus Liverpool mit Tug of War, Flowers in the Dirt, Pipes of Peace, Flaming Pie, Memory Almost Full oder auch New eine ganze Serie von Klassikern auf, was den Briten endgültig zur Ikone der Musikwelt werden ließ. Auch seine Live-Shows in aller Welt waren dermaßen groß angelegt, dass der Weltrekord fürs größte Stadionpublikum ab 1990 auf seine Kappe ging. Erst im Jahr 2018, 54 Jahre nach seiner ersten US-#1 mit den Beatles, konnte Paul mit Egypt Station erneut die Spitze der US-Charts erobern. In Deutschland landete das 18. Soloalbum von McCartney ebenfalls direkt auf Platz 1.

Kaum zu glauben, dass dieser letzte #1-Erfolg von Egypt Station erst zwei Jahre zurückliegt – so viel ist seither passiert: Seine „Freshen Up“-Tournee ging erst letztes Jahr zu Ende, kurz bevor das Pandemiegeschehen jeglichen Live-Aktivitäten den Stecker ziehen sollte. Sein Auftritt im Dodger Stadium von L.A. war dabei ganz klar ein Live-Höhepunkt dieser Ausnahmekarriere, in deren Rahmen der Brite schon so viele Bühnen betreten konnte.

Eigentlich hatte Paul auch gar nicht geplant, ein Album im Jahr 2020 zu veröffentlichen. Doch die Isolation des „Rockdown“ führte dazu, dass McCartney schließlich an existierenden Songskizzen weiterarbeitete – und dazu auch viele, viele neue Ideen entwickelte. So entstand nach und nach – und eher spontan – eine eklektische Kollektion von Songs: McCartney III. Minimalistische Stücke, natürlich von ihm selbst produziert, und wiederum SOLO-Aufnahmen im Wortsinn. Wieder ist es ein Solo-Statement, das den Beginn eines neuen Jahrzehnts markiert – so wie schon McCartney und McCartney II vor 50 bzw. 40 Jahren.

In diesem Jahr in Sussex aufgenommen, basieren die Songs von McCartney III vor allem auf Live-Takes: mal Gesang und Gitarre, mal Gesang und Klavier, später kombiniert mit ebenfalls von Paul eingespielten Bass- und Schlagzeugparts – und mehr. Inspiriert war die Rückkehr in den DIY-Modus von einem Stück aus den frühen Neunzigern – „When Winter Comes“ (das genau genommen mit Co-Produzent George Martin entstand). Paul ergänzte den Song um eine weitere Passage, woraus der Eröffnungstitel „Long Tailed Winter Bird“ hervorgehen sollte. „When Winter Comes“ selbst, nunmehr erweitert um das neue Intro „Winter Bird“, sollte schließlich als Schlusspunkt und großes Finale des neuen Albums fungieren.

Ich lebte mit meiner Familie gerade im Lockdown-Modus auf meiner Farm, und ich ging jeden Tag ins Studio“, berichtet Paul über die Entstehung von Teil III. „Ich hatte ein paar Aufträge, Musik für einen Film, und daraus entstand dann der Eröffnungstitel. Als der jedoch im Kasten war, fragte ich mich, was mache ich nun? Ich hatte ein paar Ansätze, an denen ich im Laufe der Jahre immer mal wieder gearbeitet hatte, nur manchmal fehlt einem einfach die Zeit, um die Dinge zu beenden. Also dachte ich weiter über diese existierenden Ansätze nach. Jeden Tag begann ich die Arbeit mit dem Instrument, auf dem ich das jeweilige Stück geschrieben hatte; danach ergänzte ich dann die weiteren Spuren, was richtig Spaß gemacht hat. Es ging eher darum, für mich selbst Musik zu machen – also nicht so sehr um Songs, die sonst irgendeine Bestimmung hatten oder irgendeinen Dienst erfüllen sollten. Ich machte einfach nur das, worauf ich gerade Lust hatte. Und so war mir auch gar nicht klar, dass daraus mal ein Album werden würde.

Die Stücke „Long Tailed Winter Bird“ und „Winter Bird/When Winter Comes“ bilden den Rahmen für McCartney III: Dazwischen eröffnet der Brite ein gewaltiges Panorama, wenn er ganz unterschiedliche Stimmungen und Sounds zusammenbringt. Von wehmütig und introspektiv bis hin zu verspielt und richtig druckvoll reicht die Palette der Stücke, aufgenommen übrigens auch mit ein paar Vintage-Geräten, die schon 1971 im Rude Studio für die ersten Wings-Sessions zum Einsatz gekommen waren. Die Geschichten der Vintage-Instrumente, die auf dem neuen Album zu hören sind, können zum Teil selbst mit Pauls Biografie mithalten: Der Kontrabass vom Elvis-Bassisten Bill Black ist da genauso dabei wie Pauls ikonischer Höfner-Bass im Geigenlook; auch ein Mellotron aus den Abbey Road Studios, das man von Beatles-Alben kennt, kam bei den Aufnahmen zum Einsatz.

Da schon die Fotos von McCartney und McCartney II eine Familienangelegenheit waren (seine damalige Frau Linda hatte sie geschossen), durfte dieses Mal die jüngere Generation ran: Pauls Tochter Mary McCartney machte den Großteil der Aufnahmen, wobei auch Pauls Neffe Sonny McCartney zusätzliche Bilder beisteuerte. Abgerundet wird die fotografische Family Affair von Schnappschüssen, die der 78-Jährige selbst mit dem Telefon gemacht hat. Für Cover-Artwork und Typografie zeichnet bei Teil III der gefeierte US-Künstler Ed Ruscha verantwortlich.

Schon die Vorgängeralben McCartney und McCartney II standen für den Beginn einer neuen Phase, eines neuen Jahrzehnts: Der Brite erfand sich jedes Mal neu – sowohl persönlich, als auch künstlerisch. Und so wie McCartney die Rückkehr zur Essenz nach der größten Bandauflösung in der Geschichte des Pop markierte – und 10 Jahre danach das Avantgarde-Meisterwerk McCartney II aus der Asche der Band Wings aufstieg –, steht Paul auch zum Release von Teil III an einem neuen Punkt: Er ist wieder einmal auf sich alleine gestellt, nutzt die Gunst der Stunde (und eine komplett unerwartet eingetretene Situation), um ein ganz persönliches Bild zu entwerfen: Es ist das Porträt eines großen Musikers, eines zeitlosen Künstlers; aufgenommen an einem ganz besonderen Punkt der Geschichte, wieder auf der Schwelle zu etwas Neuem.
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Quelle: Capitol Records | Promoteam Schmitt & Rauch