Die drittle Single-Release ‘ADHD’ fliegt durch die Sphären einer turbulenten Jugend zwischen wesenseigener Hyperaktivität und ärztlich verordneter Apathie: “aufgewachsen mit Liebe, auf Amphetamine”, vom aufgedrehten Kid im Kindergarten über den ruhig gestellten Jungen in den Händen der Psychiater, bis hin zum Teenager, der auf eigene Faust den Ausbruch aus dem Ritalinkäfig wagt.
“Ich brauch’ keine Medizin / ich schwör’ ich krieg’ das schon hin / nenn’ es Adrenalin oder zu viel Fantasie / aber nicht ADHD”, schreit MAJAN stellvertretend für sein jüngeres Ich Hilferufe in die Vergangenheit – wohl wissend, dass auch jene, die ihm das eingebrockt haben, wohl nur das Beste für ihn und sein Umfeld wollten. Und wir, die wir selbst einmal Kinder waren, fantasiereich und missverstanden, fühlen mit.
Der Beat des Liedes klingt schon an sich wie die Phasen einer bewegten Jugend, auf wechselnden Bahnen, zwischen Energie und Melancholie: So schieben ein massiver Sägezahn-Bass und im Takt Ackende Synthie-Akkorde MAJANs Stimme im ersten Part voran, bis die Hook das Tempo durch ihre hart reduzierte Drumline mit kaltem Kick und metallischer Snare ausbremst, was den Fokus ganz und gar auf die Zeilen dazwischen legt. In Part zwei werden die Bremsen wieder gelöst, die Synthie-Line vom Anfang schwebt nun über einem unermüdlich ackernden Breakbeat und MAJANs kreaAvem Topline-Flow weiter, so lange, bis uns einsam hallende Piano-Chords in der Hook wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen – und die melodische Achterbahnfahrt im instrumentalen Rausch und ätherischen Vocals zu Ende geht.
Ein dunkles Thema, das MAJAN mit seiner Single ‘ADHD’ da auf den Tageslichtprojektor legt. Eine Diagnose, die Ohnmacht bedeutet. Ein Gefühl, dem kreativen Seelen im Druck der Leistungsgesellschaft nur allzu oft ausgesetzt sind. “Eine Stunde, zwei Stunden, Leistungsdruck, keinen Hunger / und alle andern könn’ nicht weiterkommen, hab wieder zu viel Platz eingenommen”. Traurig aber real: Wir alle sind, mal mehr, mal weniger, in einem System aufgewachsen, das Motivation durch Disziplin ersetzen will und statt Autonomie Fügsamkeit fördert. Für manche Kids und Teens mag dies auch Sicherheit bringen, aber für viele kleine Freigeister bedeutet es das Gegenteil – vor allem, wenn man als Konsequenz mit Drogen auf Linie gebracht wird. Aber MAJAN zeigt uns, dass man es da raus schaffen kann, sollte, muss.
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Quelle: © Sony Music